Wednesday, August 29, 2012

Kein akademischer Nachwuchs?

In einem Artikel des
Standards über eine mögliche Studienplatzfinanzierung wird behauptet, "So viele Professoren seien gar nicht am Markt." Diese Aussage stammt vermutlich von einem nicht näher genannten "Experten" des Wissenschaftsministeriums und soll aufzeigen, dass die Änderung des Betreuungsverhältnisses von 1 ProfessorIn zu 200 Studierenden (1:200) auf 1:40 nicht am Geld oder am politischen Willen scheitere, sondern--it's economics, stupid!--schlichtweg am zu geringen Angebot von professorablen Personen.

Als empirischen Arbeitsmarktökonomen interessiert mich daher ganz besonders, wie man zu dieser Diagnose kommt, denn meine Erfahrung aus mehreren Berufungskommission ist schlichtweg eine andere--es gibt mehr ausgezeichnete BewerberInnen als Stellen! (Nebenbei bemerkt, auf eine Professur bewerben sich nicht nur ProfessorInnen, sondern gerade auch solche, die es noch nicht sind, nämlich KollegInnen aus dem Mittelbau mit einer Habilitation oder ähnlichen Qualifikation.) So kenne ich viele KollegInnen, die im Ausland Karriere machen, weil es in Österreich keine bzw keine attraktiven Stellen gegeben hat.

Weiters--it's economics, stupid!--gerade weil es wenige Professuren gibt, entscheiden sich viele gegen eine akademische Laufbahn: wenn die Aufstiegsmöglichkeiten gering sind, und an einer Universität gibt es nur wenige Möglichkeiten zur Beförderung, dann wählen einige eine andere Laufbahn. Zusätzlich gibt es noch diejenigen, die aus--realer oder erwarteter--Chancenlosigkeit (Netzwerke, "falsche" Publikation, "falsches" Geschlecht, zu jung/alt,...) keine Bewerbung versenden.

Die Aussage ist unglaubwürdig und vermutlich schlichtweg falsch--wenn nur die existierenden Professuren gezählt werden, darf es nicht wundern, dass diese Zahl gering ist! Schaffen Sie die Stellen, starten Sie die Berufungsverfahren und Sie werden vermutlich überrascht sein, wie viele gute KollegInnen sich bewerben werden!